Donnerstag, April 25, 2024

Und am Anfang schuf er das Ende

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Und am Anfang schuf er das Ende

Warum klettert ein Tiger auf den Kilimandscharo und erfriert dort oben, im ewigen Eis, obwohl er im Dschungel hätte bleiben können? Die Antwort ist aus männlicher Sicht schnell erklärt:
Der Berg ist einfach da.

Jan Gulbransson, der einzige Deutsche, der für das Disney-Unternehmen Donald-Duck-Geschichten zeichnen darf, ist ein Liebhaber von Kilimandscharos. Barfuß, neben sich zwei schnurlose Telefone liegend, sitzt er im Schneidersitz in seiner Münchner Altbauwohnung im Stadtteil Haidhausen. Aus der Tiefe eines Ledersofas (Stühle hasst er) lernt man eine ungebremste Zurschaustellung von Geist und Witz kennen. Wobei der Schalk des heute 65jährigen Comic-Zeichners etwas höher angesiedelt ist. Und zwar genau an der Stelle, an der man noch den Easy Rider der 68er-Bewegung entdeckt – dieses Fleckchen flatternder, von Wind und Sonne gebleichter Haare. Mit der Einschränkung, dass heute das Alter verantwortlich für deren Aufhellung ist. Über seinem hellblauen Hemd trägt er eine dunkle Weste, die ihm als Dauerkleidungsstück alle Witterungsbedingungen ausgleicht.

Der Mann, der von sich selbst behauptet, „zu gegebener Zeit ein Draufgänger zu sein“, zeigte seine Risikobereitschaft schon Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre als er zur Kunstakademie in München ging. Als man dort in Zeiten der Reformen einen Studenten für eine Dozentenstelle suchte, schrieb Gulbransson kurzerhand eine Liste mit Gründen, die ihn zu diesem Amt berechtigten und noch bevor er diese seinem Professor vorlegen konnte, schaute der ihn nur an und sagte lapidar: „Du hast den Job, wenn du ihn willst.“ Seitdem sind Planungen verschossenes Pulver in den Augen eines Mannes, der sein Potential nach eigenen Angaben am besten gebraucht, wenn er „aus der Hüfte schiesst“.

Gemeinsam mit einem Jugendfreund hatte er noch zu Schulzeiten begonnen, Puppenfiguren für TV-Kinderserien zu entwerfen und deren Dialoge auch mal ungefragt umzutexten. Zum Glück blieben dem Sender Protestbriefe irritierter Mütter, Lehrer und sonstiger Erziehungssachverständiger erspart.

Gelegentlich bricht der Comic-Zeichner auch die ehernen Disney-Tabus. Einmal ließ Gulbransson Onkel Dagobert scheinbar sterben, nur um zu sehen, was Donald und sein nichtsnutziger Vetter Gustav mit den ererbten Trilliarden anstellen würden. Die Geschichte hatte allerdings einen Hinterausgang: Dagobert war in Wahrheit quicklebendig.

Ein Glück für die Kinderseelen, ein Glück für den schreibenden Rebellen.

… (Fortsetzung folgt)

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